Mobies auf Bermuda – Bericht eines Moby Fans
Heute Morgen warteten wir auf den Bermudas in Kings Wharf an den Royal Nava Dockyards auf die Abfahrt unseres Schiffes vor einem alten restaurierten Gebäude aus dem Jahre 1850.

Ursprünglich war dort einen Maschinenverkaufsraum beheimatet, in dem verschiedene Fahrzeugteile repariert und verkauft wurden. Hinter dem Eingang fiel mir ein restauriertes Zweirad auf, dessen Marke mein Interesse weckte und mir noch aus meiner Jugend wohl vertraut war: Eine restaurierte Mobylette!

Obwohl es sich hier nicht um „ meine“ Mobylette aus dem Jahre 1974 handelte, hoffte ich noch mehr solcher Raritäten zu sehen. Deshalb entschloss ich mich, trotz der knapp verbleibenden Zeit, für einen Besuch dieses kleinen Museums.
Der erste Eindruck hatte mich nicht getäuscht, denn unmittelbar hinter dem Eingang befanden sich noch viele weitere ältere Mobylette Exemplare.

Typisch für diese motorisierten Fahrräder waren die Tretkurbeln und bei den älteren Modellen die Ähnlichkeiten zu den Fahrrädern, wie sie in den 50er und 60 Jahren gebaut wurden.

Dieser Umstand, dass ein solches Gefährt durch eine Tretkurbel wie ein Fahrrad bewegt werden konnte, sowie Hubraum- und Leistungsbeschränkungen trugen auf Bermuda zur Popularität dieser Fahrzeuge bei.

Im Museum war auch nachzulesen, dass Motobecane, der Firmenmutter von Mobylette, lange an dem integrierten Konzept eines motorisiertes Fahrrades, das über eine Tretkurbel ausgestattet war, festhielt.

In meiner Jugend waren es andere Beschränkungen, die diesem Fahrzeug zur Popularität verhalfen:
Man musste 15 Jahre alt sein um ein solches motorgetriebenes Fahrrad, auch Mofa genannt, führen zu dürfen. Ein Führerschein war nicht notwendig.

Damit konnte für viele von uns Jugendlichen ein Traum in Erfüllung gehen: Das erste eigene motorgetriebene Fahrzeug auf dem Weg zu mehr Mobilität und damit mehr Freiheit.
Nun waren natürlich
Erinnerungen an meine eigene Jugendzeit geweckt:
Unvergessen bleibt die Einführung eines dieser wein- oder bordeaux roten
motorisierten Fahrräder mit Motor, oder auch Mofas genannt in meinen etwas
älteren Freundeskreis. Die Sehnsucht war geweckt, aber es standen noch 2 Jahre
Wartezeit an, bis das notwendige Mindestalter von 15 Jahren erreicht war.
Nachdem ein weiterer Freund sich später das gleiche Mofa Modell, liebevoll auch
Moby genannt, kaufte und mich damit einmal fahren ließ, kannte die Leidenschaft
für dieses Gefährt fast keine Grenzen mehr, doch ich musste noch unerträglich
lange warten, bis ich alt genug war. Noch zu genau kann ich mich an dieses berauschende Gefühl
erinnern, mit dem Gasgriff das Moby zu beschleunigen und dabei die Vibrationen
der Fliehkraftkupplung zu spüren, die die Motorkraft an die Kette weitergibt um
das Hinterrad anzutreiben, begleitet von dem typischen Benzin-Ölgemisch, den Zweitakt Verbrennungsmotoren hinterlassen.
Als der ersehnte Geburtstag endlich kam, durfte kein weiterer Tag ohne ein
eigenes Moby verstreichen. Obwohl ich mich, wie meine Freunde für ein weinrotes
Modell entschieden hätte, habe ich ohne weitere Diskussionen ein rotes Moby
genommen, welches sofort beim Händler verfügbar war.
Die nächsten Tage nach dem Kauf waren dann auch von sehr viel Unruhe geprägt, denn es gab nichts Schöneres, als die neu gewonnene Freiheit mit dem Moby zu geniessen. Ob es nun zur Arbeit, ins Kino, in die Disko oder zum Tanzkurs ging, immer war das Moby dabei und es musste nie lange warten, bis es wieder bewegt wurde.
Neben der Mobilität machte es natürlich auch enorm viel Spass flott um die Kurven zu fahren und dabei die Grenzen der Haftung auszuloten. Nach etwas Übung wurde dieser Spaß allerdings durch die eingeschränkte Höchstgeschwindigkeit eines Mofas getrübt. Offiziell waren Mofas nur für eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h zugelassen, manche Modelle fuhren aber von Haus aus etwas schneller.
Beim Moby musste mit dem sogenannten „Benzinhahnentrick“ in die Trickkiste gegriffen werden, um das Mofa etwas schneller zu bewegen: Dabei wurde der Benzinhahn, der sich am unteren Rahmendreiseck befand, kurzzeitig durch Drücken geschlossen, und zwar genau solange bis der Motor leicht beschleunigte, um den Benzinhahn wieder zu öffnen. Nun konnte mit einer erhöhten Geschwindigkeit weitergefahren werden. Ich schätze grob, dass es um 5 km/h mehr waren, aber das war für uns in dieser Zeit enorm viel.
Es wird nun nicht sonderlich überraschen, dass viele Jugendliche nach weiteren Möglichkeiten der Geschwindigkeitssteigerung suchten, im Fachjargon auch „Frisieren“ genannt. Dieses Thema führte auch zu einem regen Informationsaustausch und es wuchsen in diesem Umfeld richtige Experten der Zweirad- und Zweitaktmotortechnik heran, die auch später dieser Leidenschaft treu blieben . Sie wussten wie man Hürden beseitigt, damit ein Zweitaktmotor das richtige Benzin-Luftgemisch atmen konnte, um auch ordentlich Leistung zu liefern. Dass solche Änderungen die kleinen Motoren auch zu einem lautem und aggressiven Ton verhalfen, war durchaus gewollt. Mit einem ordentlichen Mofa Sound konnte man schliesslich mehr Aufmerksamkeit erzielen und das war für uns Jugendliche sicher nicht unwichtig.
Diese lauten Motorengeräusche stiessen aber nicht immer auf Gegenliebe. So mancher Nachbar eines Mofa Fahres fühlte sich –vermutlich oft auch zu Recht- in seiner Ruhe gestört-, wenn sich die Mofa Clique regelmässig in der Nachbarschaft traf und dabei natürlich auch die neuen „Entwicklungsstufen“ ihrer Motoren präsentierten.
Rückblickend muss natürlich gesagt werden, dass damit einhergehende Risiken, wie z.B. fehlender Versicherungsschutz, sträflich missachtet wurden und wir letztendlich froh sein konnten, diese Zeiten unbeschadet überstanden zu haben.
Dass es auch in anderen entfernten Ländern den Wunsch gab motorisierte
Zweiräder zu optimieren und sich damit mit anderen zu messen, zeigt das
folgende Bild aus Bermuda.

Neben unerlaubten „Modifikationen“, wurde aber auch ein legales „Customizing“ zur individuellen „Verschönerung“ eines Zweirades praktiziert. So sah man z.B. bei manchen Mobies dass das hintere kleine Nummernschild etwas höher, unterhalb des Gepäckträgers angebracht war.
Ob solche Veränderungen tatsächlich zu einer Verschönerung beigetragen haben liegt natürlich im Auge des Betrachters. Aus heutiger –auch meiner persönlichen- Sicht gefällt das filigrane Design des Moby in der Standardausstattung.

Integration von Fahrradelementen, wie Tretkurbel, Klingel und Gepäckträger, würde ich fast schon von einem filigranen Design sprechen. Der leicht erhöhte und leicht nach aussen geneigte Lenker, zusammen mit dem Sitz, sorgte für eine komfortable Sitzposition mit einem Blick auf die vordere etwas breitere, aber nicht runde, Lampe (wie noch auf dem 54-Modell zu sehen ist). Der filigrane Auspuff mit seinem kleinen Auspuffstutzen und seinem typischen Mobygeräusch, unterstrich diesen Eindruck zusammen mit den Vibrationen der Fliehkraftkupplung.
Rückblickend eine sehr schöne und bewegende Zeit mit der ersten Motorisierung.