Rückblick und Ausblick

Update: 2.12.2024

Von Manfred Goschler

Unterschiedliche Gedanken, Eindrücke und Fragen festzuhalten, einzuordnen und weiterzuentwickeln sowie mit Inhalten und Formen zu experimentieren, war der Ausgangspunkt und zugleich die Motivation für die Erstellung dieser Webseite. Dabei gab es oft kein festes Ziel, sondern den Reiz, technische und inhaltliche Herausforderungen selbst zu bewältigen – auch ohne Experte zu sein.

Erste Anfänge: Wohin führt diese Brücke?

Der selbstgewählte Name der Webseite inspiriert dazu, Themen unter dem Aspekt von Bewegung und Veränderung zu betrachten, verschiedene Perspektiven einzunehmen und komplexe Abwägungsfragen zu beleuchten.

Mit der Zeit ist die Seite zu einer Art Tagebuch geworden, das Raum für Gedankenexperimente, Bilder und kleinere Videos bietet. Vieles bleibt jedoch noch unausgeschöpft: Notizen und Ideen warten darauf, verarbeitet und eingeordnet zu werden.

Ein Beispiel dafür ist ein alter Notizzettel mit der Aufschrift „Vielfalt statt Einfalt“. Diese Aussage wirkt zunächst bestimmend, etwa als Kritik an vereinfachenden Darstellungen oder mangelhafter Kommunikation. Doch in einer zunehmend komplexen Welt erscheint der Slogan selbst zu eindimensional.

Ein praktikabler Leitsatz könnte beispielsweise „selektive Diversität“ sein – ein Ansatz, der Vielfalt mit Praxisnähe und Ausgewogenheit verbindet. Damit verbunden ist die Fähigkeit, mit Gegensätzen (siehe #Dynamik der Gegensätze) umzugehen. Mit diesen Überlegungen hätte der Notizzettel nun seine Aufgabe erfüllt und könnte entsorgt werden.

Natürlich ließe sich dies auch anders sehen – etwa dann, wenn Vielfalt ins Chaos führt. Das zeigt, dass die eigene Perspektive nicht immer das Maß aller Dinge sein kann. Wichtig ist es, andere Perspektiven einzubeziehen: sei es individuelle oder gesellschaftlich abgestimmte, wie sie z. B. in Verfassungen Ausdruck finden, oder künstliche, wie sie durch KI-Systeme generiert werden können.

Zwischenbilanz

Die Webseite hat sich zu einem Raum entwickelt, in dem sich Themen herauskristallisiert haben: reale und virtuelle Ausflüge, Gedankenexperimente, Bürokratie, Nachhaltigkeit, Entscheidungsfindung, Technik und das Verhältnis von Mensch und Maschine. Emotionales und Rationales – scheinbar gegensätzliche Pole – spielen dabei gleichermaßen eine Rolle.

Im Folgenden erlaube ich mir, einige Gedanken weiterzuführen.

Emotionales und Rationales

Die Inhalte dieser Webseite spiegeln Eindrücke und Überlegungen wider. Dieses Spannungsfeld zwischen Emotionalem und Rationalem prägt nicht nur die Themenauswahl, sondern auch die Entwicklung maschineller Intelligenz und deren Verhältnis zum Menschen.

Während die emotionale Ebene oft Anstoß für kreative Gedankenexperimente ist, dient die rationale Ebene der Strukturierung und Einordnung, was wiederum neue Emotionen auslösen kann. Diese Ambivalenz wird auch in der Beziehung zwischen Menschen und Maschinen zukünftig eine wichtigere Rolle spielen.
Wie könnte Künstliche Intelligenz emotional und rational gleichermaßen auf den Menschen abgestimmt sein?

In Meilenstiefeln von Eindrücken zu komplexen Herausforderungen

Ein Bild kann auf den Betrachter wirken und verschiedene Eindrücke hinterlassen, während ein Text erst gelesen und verstanden werden muss. Sobald jedoch über ein Bild oder ein anderes Objekt – real oder virtuell – gesprochen wird, entsteht eine Perspektive. Diese kann mit anderen übereinstimmen oder abweichen. So entsteht eine Kommunikationsgrundlage, die entweder konstruktiv zu einer Abstimmung oder destruktiv zu einem Streit führen kann.

Viele der daraus folgenden Probleme bleiben dabei in ihrem Kontext oft unbestimmt, mehrdeutig oder sind abhängig von Interessen, Voraussetzungen oder Zielen der Beteiligten. Kommunikationsprobleme können dies weiter verschärfen.

Wahrheit und Täuschung

„Sehe ich auf dem Bild eine junge oder ältere Frau?“

Der Satz „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ mag oft zutreffen, doch auch ein Bild kann täuschen. Umgekehrt hat die Beschreibung eines Bildes oder eines anderen Objekts ihre eigenen Tücken: Ein Text muss gelesen und verstanden werden. 

Postkartenausschnitt, 1888, Gemeinfrei, Wikimedia

Das setzt ein gemeinsames Verständnis von Sprache, Begriffen und Kontext voraus – Voraussetzungen, die oft fehlen. Begriffe wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz oder Nachhaltigkeit sind Beispiele, bei denen Diskussionen häufig durch unterschiedliche Interpretationen erschwert werden.

Um der Wahrheit näherzukommen, sollten alle verfügbaren Ausdrucksmöglichkeiten genutzt werden. Insbesondere Texte müssen nach Fakten, Meinungen, Spekulationen und Intentionen eingeordnet werden. Doch dies ist oft schwierig.

Beispiel: Person X spekuliert über einen Sachverhalt Y, der zu einem späteren Zeitpunkt anders dargestellt wird. Eine dritte Person bestätigt diese Spekulation, was korrekt ist, obwohl der Inhalt nicht stimmig ist. Diese Person kennt nun zwei Fakten: den eigentlichen Sachverhalt und eine Perspektive darauf.

Albert Einstein und Charlie Chaplin, 1931 in Los Angeles, gemeinfrei via Wikipedia

So könnte vielleicht einen interdisziplinären Austausch zwischen Wissenschaft und Kunst zwischen zwei berühmten Vertretern ihres Genres ausgesehen haben?

Gemeinsame Basis – Wissen

Eine der wesentlichen Herausforderungen in unserer Gesellschaft ist die Abstimmung von (richtigen?)  Entscheidungen, nach denen auch Handlungen bzw. Veränderungen folgen. Hier kommt das eingangs beschriebene Einfalt-Vielfalt-Szenario wieder ins Spiel: einfältige Entscheidungen versus Entscheidungen auf breiter Grundlage, mit ihrem „innewohnenden“ Abstimmungsproblem (z. B. in privaten Bereichen, Wirtschaftsunternehmen, der Politik usw.).

Einen allgemeinen Lösungsansatz überlasse ich gerne Philosophen oder gläubigen Menschen. Doch zumindest sollte man die Komplexität solche Abstimmungsprobleme reduzieren können, indem man sich auf eine gemeinsame Basis bzw. Wissensgrundlage besinnt – wie es in vielen Disziplinen auch der Fall ist. Der zentrale Wert dabei ist die Wahrheit.

Quelle: Peggy und Marco Lachmann-Anke, Pixabay

Das bedeutet: Wenn eine Entscheidung auf Rationalität und Fakten beruht und begründet werden kann, ist sie wahr oder kommt der Wahrheit zumindest nahe. Damit muss sie nicht notwendigerweise richtig sein, aber sie sollte in ihrem Kontext konsistent sein.

Diese Eigenschaften bringt grundsätzlich ein Computersystem mit: Ein Algorithmus verarbeitet Eingabedaten und erzeugt eine Ausgabe. In einem wissensbasierten System erweitert eine Eingabe die Wissensbasis, und ein KI-System „lernt dazu“.

Für Menschen hingegen ist dieser Prozess wesentlich komplexer, da neben Emotionen auch viele andere menschliche Faktoren den Wissensaufbau bestimmen. Dies ist der wesentliche qualitative und mystische Unterschied zu einem Computer- oder KI-System.

Was ist Wissen, und was können wir überhaupt wissen?

Diese Frage beschäftigte bereits den Philosophen Immanuel Kant, der 2024 zu seinem 300. Geburtstag gewürdigt wurde. Seine Grundfragen sind nach wie vor aktuell:

  • Was kann ich wissen?
  • Was soll ich tun?
  • Was darf ich hoffen?

Und seine Forderung „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ appelliert an die Vernunft jedes Menschen.

Sind diese drei Leitfragen nicht trivial, wenn man gewohnt ist, sie in einem beruflichen Kontext einzusetzen? Gilt dies aber auch für gesellschaftlichen Bereiche, in denen Rationalität nicht oberste Priorität hat? Liegt hierin nicht die Chance einer besseren interdisziplinären Verständigung?

Immanuel_Kant Gemälde Johann Gottlieb Becker(1720-1782), Public domain, via Wikimedia

Dynamik der Gegensätze

Gegensätze können Konflikte hervorrufen, aber auch inspirierend wirken. Ein Konzept, das Gegensätze bewusst einbezieht, könnte helfen, Herausforderungen besser zu bewältigen. Zentral ist dabei, Probleme oder Ziele so zu formulieren, dass Lösungen überhaupt möglich werden. Eine klare Zieldefinition ist oft der erste Schritt zur Überwindung scheinbarer Gegensätze.

Problemlöser Mensch und Maschine

Für viele Menschen verschafft die Lösung eines Problems Genugtuung, Freude und positive Energie für die Bewältigung neuer Herausforderungen. Die Menschheit hat stets neue Herausforderungen gemeistert – durch Anpassung oder technologische Innovation. Mit der KI hat der Mensch nun ein mächtiges Werkzeug geschaffen, das sich sogar selbst weiterentwickeln kann. Dies birgt Chancen, aber auch Risiken, etwa durch globale Machtverhältnisse.

Zentrales Anliegen bleibt die Frage, wie wir vorausschauend handeln können: Welche Szenarien lassen sich vorhersagen, und wie sollten wir darauf reagieren?
Können Maschinen denken, entscheiden und handeln wie Menschen? Während KI in Bereichen wie Geschwindigkeit und Präzision beeindruckt, bleiben grundlegende Unterschiede bestehen.

Ein Vergleich mit der Natur zeigt: Flugzeuge übertreffen Vögel in Geschwindigkeit, erreichen jedoch nicht deren Eleganz. Ähnlich wird die KI den Menschen in einigen Bereichen überflügeln, aber nicht alle menschlichen Eigenschaften übernehmen können. Dazu zählen Emotionen, Gefühle, Bewusstsein, freier Wille, Kreativität, Ethik, Moral, Spiritualität, Empathie und Intuition – und vieles mehr, was das Mysterium „Mensch“ ausmacht.

Fazit und Ausblick

Ambivalente Verhältnisse – hier oft nur angedeutet und vereinfacht über die Beziehung von Emotionen und Rationalität – liefern weiterhin die Motivation und den Spielraum für weitere Gedankenexperimente auf dieser Seite, eingebettet in eine natürliche und eine künstliche, vom Menschen geschaffene Umgebung.

Das Verhältnis von Mensch und Maschine bleibt ein zentrales Thema in einem Kontext technologischen und sozialen Fortschritts. Es stellt sich die Frage, wie wir mit Komplexität umgehen und sie konstruktiv gestalten können – inspiriert von Vernunft, Emotionen und einer tiefen Neugier auf die Welt.